Public Relations und Linguistik
Wie sieht linguistisch gute Kommunikation aus?
"Man kann nicht nicht kommunizieren"
- Paul Watzlawick -
"Man kann nicht nicht kommunizieren" postulierte bereits der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick. Was eigentlich auf das zwischenmenschliche Verhalten abzielt, kann allerdings auch auf Unternehmen übertragen werden. Denn: Unternehmen, Institutionen und Organisationen bestehen aus Menschen, die mit anderen Menschen für einen bestimmten Zweck zusammenarbeiten und wiederum andere Menschen erreichen wollen, um sie von etwas zu überzeugen und sie zu bestimmten Handlungen anzuregen – und sie tun dies, indem sie miteinander kommunizieren.
"Was wir über die Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien."
- Niklas Luhmann -
Da wir allerdings alles, was wir von der Welt, in der wir leben, wissen, durch Massenmedien erfahren, prägen diese unsere Weltbilder. Massenmedien sind deshalb zugleich auch Dreh- und Angelpunkt für die PR-Arbeit.
Mit anderen Worten: Unternehmen, Institutionen, Organisationen und auch Personen des öffentlichen Lebens stehen vor der Herausforderung, dass über sie geredet wird oder werden muss. Für bereits bekannte Akteure geht es darum, den Diskurs über einen selbst nicht entgleiten zu lassen, für noch unbekannte Akteure hingegen eher darum, überhaupt wahrgenommen zu werden. Für beide sind gute PR und Pressearbeit unerlässlich. Doch was ist eigentlich gute Kommunikation? Und wie kann Linguistik PR-Arbeit optimieren?
Pressefreiheit – ein hohes Gut!
Zu Beginn steht die Erkenntnis, dass PR, dass Pressearbeit kein Marketing ist. PR-Profis sind allenthalben Mittler, die Themen an Journalisten herantragen. Die Redaktionen hingegen entscheiden dank der Pressefreiheit frei und selbstständig, was sie wann wie und wo veröffentlichen – und das ist auch gut so!
Deshalb gilt auch: Integrität, Transparenz und gegenseitiger Respekt sind die Pfeiler, auf denen gute PR ruht.
Leitlinien für gute PR
1. Strategie, Ziele, Zielgruppen
Jeder Schlachtplan steht und fällt mit einer durchdachten Strategie: Was beabsichtigte ich mit professioneller PR? Ist PR dafür überhaupt das geeignete Mittel? Was sind meine kurz-, mittel- und langfristigen Erwartungen und sind sie auch realistisch? Welche Themen aus und in dem Unternehmen sind eigentlich interessant – und zwar nicht nur für mich, sondern auch und besonders für Außenstehende? Wen will ich mit PR eigentlich erreichen? Welche Journalisten welcher Medien muss ich kontaktieren, um welche Leserschaft anzusprechen? Was für Inhalte liefern den Lesern, Zuhörern oder Zuschauern einen entscheidenden Mehrwert?
Besonders für junge Unternehmen ist es an dieser Stelle wichtig, zu klären, ob sie überhaupt schon reif für PR sind. Eventuell ist es sinnvoller, zunächst in andere Maßnahmen (wie beispielsweise passendes Online-Marketing) zu investieren, bevor mit der sehr viel indirekter wirkenden Kommunikationsarbeit der PR begonnen wird.
2. Diskursbeobachtungen
Bevor ich mich selbst in einen bereits bestehenden Diskurs einklinke, ist es lohnenswert, zunächst kurz zu analysieren, welches die wichtigen Diskursstränge und wer die bedeutenden Medien und Akteure sind. Hilfreich sind hierbei diskurslinguistische Methodenkompetenz sowie ein breites Allgemeinwissen.
Welche Diskurse sind aktuell in Medien, Politik und Öffentlichkeit überhaupt relevant? Welche Subthemen werden wo wie angesprochen und welche Konzepte werden von wem dominant gesetzt? Wie schaffe ich Anknüpfungspunkte?
Aus diesen Beobachtungen ergeben sich erste Hinweise darauf, wie man sich als Akteur in den Diskurs einbringen kann. Zu welchen Bereichen kann sich ein Sprecher mit Beiträgen und Interviews als Impulsgeber, als Thought Leader positionieren? Welche Wortwahl sollte er oder sie dabei aufgreifen, um bestimmte Aspekte zu betonen? Was für ein Sprachgebrauch herrscht im Diskurs vor und was für Konzepte werden dadurch dominant gesetzt? Welche Medien und Journalisten sind lohnenswert zu kontaktieren, welche Medienvertreter sind unpassend?
3. Sprache und Verständlichkeit
Dies ist das Metier von Linguisten: die zielgruppengerechte Aufbereitung komplexer Sachverhalte in verständlicher Sprache. Mit anderen Worten: Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Umgemünzt auf die Pressearbeit bedeutet dies, dass eine möglichst allgemein verständliche und prägnante Sprache gewählt werden soll. Allzu spezielle Fachsprache sollte vermieden werden – das gilt z.B. für die Digitalszene, in der es vor denglischen Formulierungen wie "narratives bouncen", "bold", "disruptive" etc. nur so wimmelt, oder auch für die Wissenschaftskommunikation, die oftmals durch einen Nominalstil, lange und komplexe Sätze und sehr vielen Details geprägt ist.
Bei der direkten Journalistenansprache zahlt es sich zum Beispiel aus, direkt vom Titel eines potenziellen Artikels her zu denken: Was könnte eine kurze, prägnante und dennoch passende Überschrift sein? Orientierung bieten hierbei die Grice'schen Konversationsmaximen der Quantität, Qualität, Relevanz und Modalität. Mit anderen Worten: Sagen Sie kurz, klar und deutlich, was wahr und relevant ist.
4. Sprache und Framing
Generell ist es hilfreich, die eigene Wortwahl zu reflektieren, denn Sprache ist kein neutrales Medium, mit dem die Welt realitätsgetreu abgebildet wird. Mit jedem Sprachgebrauch perspektiviere ich gleichzeitig auch die bezeichneten Sachverhalte, Objekte und Personen. Direkt und indirekt beeinflusst die Sprache unser Denken. Dies erfolgt zum großen Teil durch die sogenannten Frames, die Wissens- und Deutungsrahmen. Dieses Framing bildet den Hintergrund, von dem aus Wörter gedeutet und verstanden werden.
Durchdachte PR reflektiert deshalb auch die Wortwahl: Welche Wörter verwende ich warum oder auch warum nicht? Welches Framing rufe ich durch meine Wortwahl auf? Stimmen diese Deutungsrahmen mit meinen Kommunikationszielen überein oder sollte ich meine eigene Wortwahl nochmals überdenken? Welche Tonalität verwende ich bei meiner Kommunikation und passt diese zum Gesamtbild des Unternehmens, was ich vermitteln will? Linguistische Expertise zu Framing und Kommunikationsstilen unterstützt die Reflexion über den angemessenen Sprachgebrauch.
PR ist auch Beziehungspflege
Nomen est omen – diese Devise gilt auch bei der PR. Nicht umsonst heißt es Public Relations. Gute PR zeichnet sich deshalb auch durch langfristige und nachhaltige Beziehungspflege aus. Ein respektvoller Umgang mit den Journalisten, Verständnis für ihre Herausforderungen sowie Transparenz in der eigenen Vorgehensweise sind dabei das A und O.
© Picture: Markus Spiske on Unsplash
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